Übergabevertrag Haus: Eigenheim schenken und weiter nutzen
Viele Senioren sind stolzer Eigentümer einer Immobilie. Ihr Eigenheim ist ihr Vermögen, ihr Wohnsitz und bietet ihnen Sicherheit. Um die kostspielige Erbschaftssteuer zu umgehen, überlegen viele Senioren, ihr Haus an ihre Kinder zu verschenken.
Das eigene Zuhause verschenken Das eigene Zuhause verschenken

Für die meisten Senioren bedeutet ihr eigenes Haus eine Sicherheit im Alter. Nicht wenige Senioren befürchten, diese Sicherheit zu verlieren, wenn Sie Ihr Haus zu einem frühen Zeitpunkt an ihre Kinder verschenken. Sie fragen sich, was geschieht, wenn die Kinder finanzielle Probleme haben und deshalb das Haus verkaufen? Oder sie entscheiden sich um und wollen doch lieber selbst in ihren vertrauten vier Wänden wohnen bleiben?
Doch auch andere Szenarien sind denkbar: Im Alter können Menschen pflegebedürftig werden. Pflege ist teuer und sogar bei einem Umzug in ein Pflegeheim müssen Kosten im vierstelligen Bereich kalkuliert werden. Dieses Geld ist möglicherweise nicht mehr vorhanden, falls die Eltern Ihre Immobilie bereits an ihre Kinder verschenkt haben. Aus diesen Gründen müssen sich Senioren vorausschauend für die Zukunft gründlich überlegen, ob sie es sich tatsächlich leisten können, ihr Haus zu verschenken.
Absicherung durch Nieẞbrauchrecht und lebenslanges Wohnrecht Absicherung durch Nieẞbrauchrecht und lebenslanges Wohnrecht
Senioren, die ihr Haus verschenken, können und sollten sich absichern. Dies ist beispielsweise durch einen Eintrag ins Grundbuch möglich. Vereinbart wird ein lebenslanges Nießbrauchrecht oder ein lebenslanges Wohnrecht. Diese Rechte gelten sogar dann weiter, wenn das Haus verkauft wird.
Was bedeuten nun aber die Begriffe Nießbrauchrecht und lebenslanges Wohnrecht konkret? Nur wenn beide Seiten die Bedeutung dieser beiden Begriffe kennen, ist es möglich, zu entscheiden, welche Vereinbarung bei der Schenkung getroffen werden soll.
Beim Verschenken eines Hauses wird in den meisten Fällen ein lebenslanges Wohnrecht (für festgelegte Räume) vereinbart, wie es bereits der Name aussagt. Senioren, die ihr Haus ihren Kindern schenken, erhalten damit das Recht, ihr Haus ganz oder teilweise lebenslang zu bewohnen. Das Wohnrecht berechtigt allerdings ausschließlich den Schenkenden dazu, weiter im ehemaligen Eigenheim zu wohnen. Nach der Schenkung erfolgt der Eintrag ins Grundbuch. Darin wird das lebenslange personengebundene Wohnrecht festgehalten. Das Wohnrecht bleibt auch bei einem möglichen Hausverkauf vollumfänglich bestehen (Käufer müssten das Wohnrecht akzeptieren).
Das Nießbrauchrecht dagegen wird angewendet, wenn zusätzlich auch Mieteinahmen durch Vermietung angestrebt werden. Auch eine derartige Vereinbarung ist keineswegs selten. Falls die Eltern im hohen Lebensalter ihr Wohnrecht nicht mehr nutzen können, weil sie in ein Pflege- oder Seniorenheim umziehen, berechtigt die Vereinbarung eines Nießbrauchrechtes die Eltern dazu, ihre Immobilie zu vermieten.
Die Mieteinnahmen erhalten die Eltern und können damit die Kosten für ihre Unterbringung im Seniorenheim oder in einer Pflegeeinrichtung finanzieren. Obwohl das Nießbrauchrecht etwas komplizierter als das Wohnrecht ist, ist es für Senioren, welche ihr Haus verschenken, die bessere Lösung der Absicherung. Beim Nießbrauchrecht ist es unwichtig, ob die Immobilie bewohnt oder vermietet wird.
Die größten Vorteile des Nießbrauchers:
- Das Vermögen des "Nießbrauchers“ wird nicht mit einberechnet und bleibt daher unangetastet.
- Man darf lebenslang in der Immobilie wohnen und bleibt wirtschaftlich für sie verantwortlich. Die Person, die Nießbrauchrecht hat, hat alle Rechte an der Immobilie, außer die Möglichkeit es zu verkaufen. Auch eine Vermietung ist möglich, wobei ein zusätzlicher Ertrag erzielt werden kann.
- Das Nießbrauchrecht erlischt erst mit dem Tode des Nießbrauchers, auch falls die Immobilie vorher verkauft wird.
- Der große Unterschied zum Wohnrecht besteht also darin, dass beim Wohnrecht lediglich das Bewohnen des Gebäudes gestattet wird und beim Nießbrauchrecht alle Vorteile eines Eigenheims vorhanden sind, außer dessen Verkauf.
Info
Wichtig zu wissen ist, dass ein vereinbartes Nießbrauchrecht auf die gesamte Immobilie und für das Grundstück gilt. Für den Beschenkten ist eine derartige Vereinbarung nur empfehlenswert, wenn er noch nicht selbst das Haus bewohnen will.
Pflichten beim lebenslangen Wohnrecht
Aufnahmerecht: Die Basis für das Wohnrecht ist der Paragraf 1093 des BGB. Er erlaubt den Wohnberechtigten, die Familie oder Pflegepersonal im Haushalt aufzunehmen. Das gilt auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften: So kann auch der Partner mit in das lebenslange Wohnrecht einbezogen werden. Zudem sollte vorher festgelegt werden, ob die Kinder das Haus finanziell belasten können.“ (Groß, 2019, S.2)
Nutzungsrecht: Auch wenn vereinbart worden ist, dass die Bewohner nur für einen Teil der Immobilie das lebenslange Wohnrecht besitzen, dürfen Anlagen wie Heizungen mitbenutzt werden. Will eines der Kinder die Räume der Eltern sehen, muss es dies vorher vereinbaren. Einen juristischen Anspruch auf Besichtigung hat der Eigentümer nämlich nicht.“ (Groß, 2019, S.2)
Reparaturen und Nebenkosten: „Die Wohnberechtigten müssen für Reparaturen aufkommen und die Nebenkosten für Heizung sowie Strom zahlen. Der Eigentümer ist nur bei außergewöhnlichen Sanierungen zur Finanzierung verpflichtet. Wird das Haus verkauft, muss der neue Besitzer das lebenslange Wohnrecht akzeptieren. Änderungen sind nicht mehr möglich.“ (Groß, 2019, S.2)
Ungeplante Risiken im Übergabevertrag festhalten Ungeplante Risiken im Übergabevertrag festhalten

Der Übergabevertrag bietet die Möglichkeit, für zahlreiche Situationen vorzusorgen. Zudem können die Senioren das Hausgeschenk an die Einhaltung von Bedingungen knüpfen. Im Übergabevertrag kann beispielsweise vereinbart werden, dass das Haus im Falle einer Überschuldung des Beschenkten wieder in den Besitz des Schenkenden übergeht, damit Gläubiger keinen Zugriff haben.
Für den Fall, dass der Beschenkte vor seinen Eltern stirbt, sollte ebenfalls eine Rückübertragung im Übergabevertrag festgehalten werden. Auch in diesem Fall ist es für den Schenkenden besser, wenn die Immobilie wieder in ihren Besitz übergeht. Im Übergabevertrag sollte zudem eine Klausel enthalten sein, dass der Beschenkte das Haus nicht verkaufen darf.
Zahlt das mit dem Haus beschenkte Familienmitglied seinen Eltern eine Rente, eine so genannte Leibrente, als Gegenleistung, wird die Übergabe des Hauses unter Einhaltung der strengen Vorschriften des Finanzamtes zu einem Steuersparmodell. Die monatliche Rentenzahlung kann vom Kind als einkommensmindernd als Sonderausgabe auf der Steuererklärung geltend gemacht werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Geldmittel für die monatlichen Rentenzahlungen mit der geschenkten Immobilie erwirtschaftet werden.
In diesem Fall sollte ein Steuerberater hinzugezogen werden. Die Rente muss vom Empfänger versteuert werden. Dennoch kann sich eine derartige Vereinbarung lohnen, da Rentner meist einen niedrigeren Steuersatz zahlen als ihr im Berufsleben stehender Nachwuchs.
Bei Vereinbarung einer lebenslangen Rentenzahlung ist es zu empfehlen die Rentenhöhe im Übergabevertrag an die allgemeine Steigerung der Preise zu koppeln. Gesetzliche Bestimmungen bezüglich des Zeitpunktes und der Höhe der monatlichen Rentenzahlungen existieren zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels nicht.
Info
Sowohl ein vereinbartes Nießbrauchrecht als auch ein lebenslanges Wohnrecht werden als Grundstücksbelastung ins Grundbuch eingetragen.
Die Höhe der Freibeträge Die Höhe der Freibeträge
Da es für die Schenkung auch wichtig ist, sich über Steuern zu informieren, werden hier die Freibeträge aufgelistet, die für Erben relevant sind. Jeder Erbe kann einen persönlichen Freibetrag geltend machen. Die Höhe der Freibeträge richtet sich bei einer bestehenden Steuerpflicht danach, in welcher Steuerklasse der Erbe ist. Das ergibt sich aus § 16 ErbStG.
Die Freibeträge bemessen sich grundsätzlich danach, in welchem Verwandtschaftsverhältnis der Bedachte zu dem Erblasser stand. Dieses Gesetz wird häufig bei Schenkungen unter Lebenden genutzt. Denn die Freibeträge können alle zehn Jahre erneut genutzt werden.
Falls Eltern also hohe Vermögenswerte auf ihre Kinder übertragen möchten, empfiehlt es sich, dies bereits zu Lebzeiten zu machen, und dabei die Fristen für die Freigrenzen zu nutzen. Somit kann beispielsweise alle zehn Jahre ein Teil der Erbschaft erbschaftssteuerfrei an die Kinder übertragen werden.
Diese Freibetragsgrenzen ergeben sich aus dem Gesetz:
Ehegatten sowie Lebenspartner | Leibliche sowie adoptierte Kinder, sowie Stiefkinder und Kinder, bereits verstorbener Kinder | Enkel- und Urenkelkinder | Eltern sowie Großeltern (Erwerb von Todes wegen) | Eltern und Großeltern (Zuwendung unter Lebenden), Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegereltern, Schwiegerkinder,… und alle übrigen Erben/ Empfänger |
500.000 Euro | 400.000 Euro | 200.000 Euro | 100.000 Euro | 20.000 Euro |
Konsequenzen beim Haus verschenken bedenken Konsequenzen beim Haus verschenken bedenken
Egal welche Absicherung zwischen den Eltern und dem Kind vereinbart wird. Beide Seiten müssen sich darüber im Klaren sein, dass durch gemeinsames Wohnen auch Konflikte entstehen können. Da mögliche Konflikte durch Abschluss eines Vertrages nicht ausgeschlossen werden können, sollten sich wohl die Eltern, die ihr Haus verschenken als auch der Beschenkte auf ihre Intuition verlassen.
Des Weiteren sollten die Senioren, die ihr Haus verschenken, darauf achten, dass durch die großzügige Geste der eigene Lebensstandard nicht leidet. Es sollte mit verschiedenen Umständen gerechnet werden, die eintreten könnten, zum Beispiel im Pflegefall. Auch hier müssen die Einkünfte ausreichen, um notfalls eine angenehme Unterkunft und Versorgung in einem Heim zu ermöglichen.
Nebenkostenaufteilung vertraglich vereinbaren Nebenkostenaufteilung vertraglich vereinbaren
Die Aufteilung der Nebenkosten muss ebenfalls im Übergabevertrag des Hauses schriftlich festgelegt sein. Dazu müssen sämtliche Nebenkosten (Hypothekenzinsen, Kosten für Schönheitsreparaturen, Kosten für Müllabfuhr, Abwasser, etc.) in korrekter Höhe berechnet werden. Falls ein Nießbrauchrecht im Schenkungsvertrag vereinbart wurde, muss der Schenkende für sämtliche Nebenkosten finanziell aufkommen. Für die Anzahlung des Darlehens und Instandhaltungskosten muss der Beschenkte aufkommen.
Hat der Schenkende mit seinem Nachwuchs ein Wohnrecht vereinbart, muss er nur die Kosten bezahlen, welche für von ihm bewohnte beziehungsweise anderweitig genutzte Räumlichkeiten anfallen. Alle anderen Ausgaben müssen vom Beschenkten übernommen werden. Es besteht allerdings keine automatische Verpflichtung für den neuen Eigentümer, Instandhaltungskosten zu übernehmen. Der Punkt Instandhaltung muss speziell verhandelt und gesondert im Übergabevertrag festgehalten werden.
Info
Es lohnt sich für beide Seiten, vor Abschluss eines Schenkungsvertrages einer Immobilie zu prüfen, welche Lösung für beide Seiten finanziell und steuerlich am günstigsten ist.
Fairness bei mehreren Kindern Fairness bei mehreren Kindern
Senioren, die mehr als ein Kind haben, sollten darauf achten, dass ihr nicht beschenkter Nachwuchs nicht leer ausgeht. Um im Todesfall einen Streit unter den Erben zu vermeiden, sollte im Vertrag eine Ausgleichszahlung vereinbart werden. Da dies im Erbfall nicht automatisch geregelt ist, kann der Schenkende bestimmen, dass das Geschenk vom Pflichtteil des Gesamterbes abgezogen wird.
Zudem ist es sinnvoll, dass Geschwister eine Verzichtserklärung auf Teile der Immobilie unterschreiben. Andernfalls wäre der Beschenkte bei Eintritt des Erbfalls zum Hausverkauf gezwungen seine Geschwister auszuzahlen. Senioren, die sich dazu entschieden haben, ihr Haus an eines ihrer Kinder zu verschenken, ist es zu empfehlen, sich in dieser Frage von einem Notar oder einem Fachanwalt ausführlich beraten zu lassen.
Vorteile für Senioren Vorteile für Senioren
Das eigene Haus vor der Rente an ein Kind zu verschenken, bietet dem Schenkenden den Vorteil, dass dieser zuvor kostenfrei in seinem Haus wohnen kann und nur zur Zahlung von Instandhaltungs- und Nebenkosten verpflichtet ist. Zudem kann eine lebenslange Monatsrente vertraglich vereinbart werden.
Viele Senioren, die ein Eigenheim besitzen, unterschätzen die Kosten, welche durch den Immobilienbesitz im Alter auf sie zukommen. Zudem ist die Geldreserve für den Ruhestand meistens zu knapp kalkuliert. Durch ein Verschenken des Eigenheims an das Kind lässt sich unerwarteten Kosten für die Instandsetzung des Hauses vorbeugen.

Pflegeexperte Florian Seybecke
Fachliche Expertise
Schulungsbeauftragter und Dozent
Fachkoordinator für neurologische Langzeitrehabilitation
Pflegedienstleitung und Schulungsbeauftragter
Fachkraft in der außerklinischen Intensivpflege
Ausbildung zum examinierten Altenpfleger