Leben mit Demenz
Mit der Diagnose Demenz umzugehen, ist nicht immer einfach. Durch gezielte Therapien und aktivierende Beschäftigung kann aber das Leben für Betroffene und Angehörige wesentlich erleichtert werden.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Demenz? Wie kann die Freizeit Demenzkranker gestaltet werden? Und welche Ziele werden dabei verfolgt?
Wohnen-im-Alter hat die wichtigsten Informationen und Tipps zum Leben mit Demenz im folgenden Ratgeber zusammengefasst.
Ziele von Therapie und Freizeitgestaltung Ziele von Therapie und Freizeitgestaltung
Eine Demenzdiagnose kann das Selbstbewusstsein heftig beeinträchtigen, daher braucht der Erkrankte von Anfang an regelmäßige Bestätigungen, ein vollwertiges Mitglied der Familie zu sein und zu bleiben.
Am einfachsten funktioniert dies, wenn er seine Aufgaben so lange wie möglich beibehält und auch seine Hobbys weiter pflegt.
Aktivitäten helfen, den Gesundheitszustand zu stabilisieren, und verhindern den Abbau geistiger Fähigkeiten. Die Freude an Beschäftigungen wirkt sich zudem positiv auf die Stimmung des Demenzkranken aus. Auch die verschiedenen Therapien bei Demenz zielen darauf ab, die Fähigkeiten des Betroffenen zu erhalten und Symptomen entgegenzuwirken.
Tipp
Beschäftigung kann nicht nur Symptome lindern, sondern auch die Lebensqualität des Betroffenen erheblich verbessern!
Grundsätzlich steht in allen Varianten der Behandlung und Beschäftigung die Verbesserung der Lebensqualität des Betroffenen durch Linderung von Symptomen und Verzögerung des Krankheitsverlaufs im Vordergrund.
Behandlungsmöglichkeiten Behandlungsmöglichkeiten
Die meisten Demenzformen sind zwar nicht heilbar, jedoch kann der Krankheitsverlauf durch gezielte Therapien abgemildert werden. Auch die Familie und Pflegekräfte können davon profitieren.
Medikamentöse Behandlung
Medikamente werden bei der Alzheimer-Krankheit und anderen Demenzen eingesetzt, um Symptome zu lindern und/oder den Verfall der geistigen Fähigkeiten hinauszuzögern. Letztere sollen mit Antidementiva möglichst lange erhalten bleiben. Da Demenzkranke häufig unter Depressionen leiden, werden auch Antidepressiva verordnet. Sie heben die Stimmung und lassen den Patienten wieder aktiver werden.
Neuroleptika helfen, Wahnvorstellungen und Unruhe zu reduzieren, werden aber wegen der vielen Nebenwirkungen nur sparsam angewendet.
Nichtmedikamentöse Behandlung
Bei den nichtmedikamentösen Behandlungen gibt es verschiedene Therapieansätze. Wohnen-im-Alter hat diese in einem Überblick zusammengestellt.
- Verhaltenstherapie und kognitives Training: Die Möglichkeiten nichtmedikamentöser Behandlungen von Demenzen sind recht umfangreich und werden je nach Phase der Erkrankung und nach persönlichen Bedürfnissen eingesetzt. So hilft die Verhaltenstherapie dem Betroffenen, besser mit der Demenz umgehen zu können und Depressionen oder Aggressionen zu vermeiden. Mit einem individuellen, kognitiven Training kann der Verlust der Denk-, Lern- und Wahrnehmungsfähigkeiten hinausgezögert werden. Dazu eignen sich zum Beispiel Wortspiele aller Art, die Bestimmung von Farben oder das Ergänzen von Reimen. Es sollten möglichst viele verschiedene Arten von Denkspielen angewendet werden, damit alle Gehirnregionen trainiert werden.
- Autobiografische Arbeit: Die Autobiografische Arbeit hilft Demenzkranken, sich anhand von Gegenständen oder Fotos an frühe Kindheitserlebnisse zu erinnern. Je bewusster das eigene Ich damit gemacht wird, desto sicherer fühlt sich der Demente. Angehörige und Pflegekräfte können zudem besser mit dem Betroffenen umgehen, wenn sie ihn und seine Vergangenheit kennen. Ungewöhnliche Verhaltensweisen wie Aggressionen werden nicht mehr so schnell persönlich genommen, wenn man weiß, welche Erlebnisse dahinterstecken.
- Realitätsorientierung und Milieutherapie: Die Realitätsorientierung unterstützt Demenzkranke zumindest zu Beginn und in der mittleren Phase der Erkrankung, sich in Zeit und Raum zurechtzufinden und Jahreszeiten, Datum und Wohnräume bewusster wahrnehmen zu können. Die Milieutherapie sorgt dafür, dass sich der Patient in seinem Zimmer wie Zuhause fühlt. Zum Einsatz kommen Lieblingsgegenstände, passende Farben, Materialien wie weiche Decken und eine demenzgerechte Beleuchtung.
- Ergotherapie und Musiktherapie: In der Ergotherapie lernen die Betroffenen, ihre alltäglichen Fähigkeiten möglichst lange beizubehalten. Außerdem werden kreative Aktivitäten und Bewegung gefördert, die den Patienten Freude bereiten. Auch Berührungen spielen eine große Rolle, denn sie ersetzen oft die fehlenden Worte und sprechen die Sinne an. Mit der Musiktherapie verbessert sich die Stimmung der Patienten beim gemeinsamen Musizieren oder Musikhören, da sie angenehme Erinnerungen weckt und von Beschwerden ablenkt. Dabei muss der Patient nicht unbedingt ein Instrument spielen können.
- Psychologische Behandlungen: An einer Demenz zu erkranken, stellt für Betroffene und ihre Angehörigen auch eine seelische Belastung dar. Hier kann die Psychotherapie helfen, dass der Patient die Krankheit zu akzeptieren lernt. Gleichzeitig erfährt er, wie man sein Gedächtnis mit diversen Tricks unterstützen kann. Wichtig ist, dass der Patient sein Selbstbewusstsein nicht verliert, auch wenn er bestimmte Leistungen nicht mehr erbringen kann. Zudem kann man zum Beispiel durch eine Verhaltenstherapie erreichen, dass sich die Stimmungslage des Betroffenen stabilisiert und weitere Beschwerden weniger wahrgenommen werden. Angehörige können in eine psychologische Behandlung einbezogen werden, damit die Familie insgesamt leichter mit der Situation umzugehen lernt.

Beschäftigungsmöglichkeiten Beschäftigungsmöglichkeiten
Um passende Beschäftigungen für den Demenzkranken zu finden, sollte zuerst eine Bestandaufnahme der Fähigkeiten, die er noch besitzt, erfolgen.
Schränken sich Konzentration und Gedächtnis immer mehr ein, verliert der Betroffene möglicherweise die Lust an gewohnten Beschäftigungen wie Lesen oder Rätseln. Dann ist es Zeit, andere Aktivitäten zu finden, die ihm Spaß machen, bevor er in eine Lethargie verfällt, aus der er nur schwer herausfindet. Jedoch sollte der Betroffene keinesfalls gezwungen werden, etwas zu tun, das er noch nie mochte oder konnte.
Neben praktischen Tätigkeiten in Haus und Garten sollten auch spielerische Beschäftigungen gefördert werden.
Wenn dem betroffenen Senior zunächst die Energie fehlen sollte, etwas zu beginnen, kann es helfen seine Lieblingsmusik anzustellen. Diese macht gute Laune und wirkt anregend. Musik inspiriert auch kreative Gestaltungstechniken und fördert Bewegungen wie Gymnastik oder Tanzen.
Eine sinnvolle und hilfreiche Beschäftigung ist das Anlegen eines Erinnerungsbuches. Dieses können Angehörige und Betroffene gemeinsam mit Fotos und Texten bestücken, die an positive Erlebnisse erinnern. So kann es dem Demenzkranken helfen, im Verlauf der Krankheit die eigene Persönlichkeit zu bewahren.
Unkomplizierte Gesellschaftsspiele können ebenfalls eine vergnügliche Beschäftigung für den Demenzkranken und die ganze Familie oder Freunde sein.
Tipp
Welche Art der Beschäftigung für welchen Demenzkranken am besten passt, hängt oft auch mit der jeweiligen Form der Demenz zusammen.
Im Anfangsstadium
Hat der Demenzkranke bisher keine nennenswerten Beschäftigungen für seine Freizeit gehabt, sollten die Angehörigen mit ihm über seine Wünsche sprechen und herausfinden, was ihm gefallen könnte. Neue Aktivitäten zu entdecken ist spannend und lenkt von der Krankheit ab:
Beschäftigungsmöglichkeiten im Anfangsstadium
Singen oder ein Instrument spielen
Modellieren mit lufttrocknendem Ton oder Fimo
Gestalten mit Naturmaterialien
Malen, Fotografieren
Erinnerungen, Geschichten oder Gedichte aufschreiben
Kochen, Backen
Theaterspielen, Tanzen
Selbsthilfegruppe oder andere Gruppen besuchen
Erinnerungskiste einrichten und füllen
In späteren Stadien
Je nach Demenzerkrankung bleiben bestimmte Fähigkeiten erhalten, die mit passenden Beschäftigungen gezielt genutzt werden können.
So sind Betroffene vom Alzheimer-Demenztyp eher unruhig und brauchen mehr Bewegung. Empfehlenswert sind Ballspiele, Säckchen werfen, Spaziergänge, Tanzen und Sitzgymnastik.
Bei Frontotemporalen Demenzen sind alle Aktivitäten hilfreich, die die Antriebsschwäche und Sprachverarmung berücksichtigen. Musik kann betroffene Senioren anregen, sie aktiv mit Rhythmusinstrumenten, durch Klatschen oder Summen zu begleiten.
Für Erkrankte von Vaskulären Demenzen sind Rätsel, Reime und Geschichtenerzählen interessant, da ihre Sprache nicht so stark beeinträchtigt ist.
Angehörige sollten sich bei allen Aktivitäten nicht entmutigen lassen, wenn die Beschäftigungsvorschläge nicht sofort umgesetzt werden. Mit Geduld und Beobachtung werden sicher Aktivitäten gefunden werden, die dem Betroffenen Freude bereiten.
Gezielte Therapien und aktivierende sowie abwechslungsreiche Beschäftigung können das Leben von demenzkranken Senioren und deren Angehörigen erleichtern. Vor allem die Betroffenen profitieren von der Linderung der Symptome und der Verzögerung des Krankheitsverlaufes. Daher ist es lohnenswert, sich näher mit dem Thema zu befassen und den Demenzkranken bei der Wahrnehmung verschiedener Angebote zu unterstützen.
Validation nach Naomi Feil Validation nach Naomi Feil
Oft fällt es schwer, für einen nicht an Demenz erkrankten Menschen die Gedankenwelt und die Aussagen eines an Demenz erkrankten Menschen zu verstehen. Eine der wichtigsten Möglichkeiten im Umgang mit Menschen mit Demenz ist die Validation nach Naomi Feil. Der Ansatz von Feil verfolgt den Grundsatz, dass demenziell erkrankte Menschen einen wertschätzenden Umgang verdienen, bei denen ihre Gedankenwelt von allen als gültig angesehen wird. Das Ziel der Validation ist es, unter der Berücksichtigung der Biografie einen Zugang zu der Erlebniswelt des Betroffenen zu verschaffen.
Drei wichtige Grundsätze
1. „Akzeptieren“ Dem erkranken Menschen nicht widersprechen und an der aktuellen Realität orientieren, sondern die für ihn gültige Realität akzeptieren.
2. „Empathie“ zeigen.
3. „Selbstkongruenz“ in seiner eigenen Persönlichkeit „echt“ und „ehrlich“ bleiben.
Techniken der Validation
1. Dem an Demenz erkrankten Menschen nicht widersprechen und seine „Welt“ akzeptieren.
2. Von Gefühlen und Bedürfnissen des erkranken Menschen leiten lassen und nicht von seinen Aussagen.
3. Gespräche klar, verständlich, wertschätzend und ruhig.
4. Dinge mit „Warum?“ erfragen vermeiden, besser „wer, wie, was, wo und wann“ nutzen.
5. Den an Demenz erkrankten Menschen auf Augenhöhe begegnen.
6. Dem an Demenz erkrankten Menschen Zeit geben, um das gesagt zu verstehen.
7. Pro Satz eine Mittelung, den erkranken nicht zu überfordern.
8. Eigene Worte mit Gestik, Mimik und Aussprache untermalen.
9. Den erkranken Menschen nicht anlügen.
Weiterführende Informationen Weiterführende Informationen
- Demenz - Wenn Vergesslichkeit zur Krankheit wird
- Formen von Demenz: Was ist Alzheimer?
- Diagnose Demenz - Wo Rat und Hilfe finden?
- Demenz-Tests: Wie wird Demenz festgestellt?
- Betreuung und Wohnen bei Demenz

Pflegeexperte Florian Seybecke
Fachliche Expertise
Schulungsbeauftragter und Dozent
Fachkoordinator für neurologische Langzeitrehabilitation
Pflegedienstleitung und Schulungsbeauftragter
Fachkraft in der außerklinischen Intensivpflege
Ausbildung zum examinierten Altenpfleger