Wie finde ich eine gute Pflegeberatung?
Ein Pflegefall ist eine große Herausforderung. Zum Glück sind Sie nicht allein: Seit 2009 haben Sie gesetzlichen Anspruch auf kostenlose Pflegeberatung, deren Kosten die Pflegekasse trägt. Ob für den regelmäßigen Beratungsbesuch (§ 37.3 SGB XI) oder die umfassende Beratung (§ 45 SGB XI) – wir zeigen Ihnen, wie Sie die passende Hilfe finden und woran Sie gute Beratung erkennen.
Gute Pflegeberatung Gute Pflegeberatung
Seit dem 01.01.2009 haben Pflegebedürftige und deren Angehörige einen gesetzlichen Anspruch auf kostenlose und unabhängige Pflegeberatung. Diese Unterstützung ist nicht nur allgemein über § 45 SGB XI geregelt, sondern wird für eine tiefergehende, individuelle Begleitung von speziell qualifizierten Pflegeberatern nach § 7a SGB XI angeboten. Auch der regelmäßige Beratungsbesuch nach § 37.3 SGB XI für Pflegegeld-Bezieher gehört dazu. Die Kosten werden üblicherweise von den Pflegekassen übernommen.
Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage fühlt sich die Mehrheit der Deutschen nur unzureichend beim Thema Pflegeversicherung informiert und wissen nicht, welche Leistungen ihnen im Pflegefall zustehen. Woran erkenne ich gute Pflegeberatung? In Deutschland gibt es eine Vielzahl an Beratungs-Angeboten zum Thema Pflege. Krankenkassen, gemeinnützige Organisationen, Pflegedienste, Krankenhäuser und auch private Unternehmen bieten Pflegeberatung an. Die Bezeichnung „Pflegeberater“ ist kein gesetzlich geschützter Begriff, weshalb es wichtig ist, auf die Qualität und Unabhängigkeit der Beratung zu achten.
Die zwei Säulen der Pflegeberatung: § 37.3 und § 45 SGB XI Die zwei Säulen der Pflegeberatung: § 37.3 und § 45 SGB XI
Im deutschen Pflegesystem gibt es zwei zentrale Paragraphen im Elften Sozialgesetzbuch (SGB XI), die die Pflegeberatung regeln: § 37.3 SGB XI und § 45 SGB XI. Beide haben das Ziel, pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen zu unterstützen und zu entlasten, unterscheiden sich aber in ihrem Zweck, ihrer Zielgruppe und ihrem Umfang.
§ 37.3 und § 45 SGB XI
§ 37.3 SGB XI konzentriert sich auf den regelmäßigen Beratungsbesuch für Pflegegeld-Bezieher. Hier geht es darum, die Qualität der häuslichen Pflege zu sichern und Sie als pflegende Person zu unterstützen, damit Sie nicht alleine dastehen.
§ 45 SGB XI bildet die Grundlage für eine umfassende und individuelle Pflegeberatung für jedermann. Egal, ob Sie sich erst informieren möchten, einen Pflegegrad beantragen oder eine komplexe Pflegesituation meistern müssen – diese Beratung bietet Ihnen weitreichende Unterstützung und Orientierung.
Pflegeberatung nach § 37.3 SGB XI – Der regelmäßige Beratungsbesuch Pflegeberatung nach § 37.3 SGB XI – Der regelmäßige Beratungsbesuch
Stellen Sie sich vor, Sie pflegen einen Angehörigen zu Hause und erhalten dafür Pflegegeld. Das ist eine tolle Unterstützung! Damit die Pflege zu Hause auch wirklich gut klappt und Sie nicht überfordert werden, hat der Gesetzgeber im Elften Sozialgesetzbuch (SGB XI) etwas ganz Wichtiges festgelegt: die Pflegeberatung nach § 37.3 SGB XI. Man nennt sie auch den „Beratungsbesuch bei häuslicher Pflege“.
Dieser Besuch ist dafür da, die Qualität der häuslichen Pflege zu sichern und Sie als pflegende Person oder auch den Pflegebedürftigen selbst zu unterstützen und zu entlasten. Er richtet sich speziell an Menschen mit einem Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5, die ihre Pflege im eigenen Zuhause ausschließlich mit Pflegegeld organisieren. So wird sichergestellt, dass Sie nicht allein gelassen werden und die bestmögliche Unterstützung erhalten.
Warum ist der Beratungsbesuch so wichtig?
Dieser regelmäßige Beratungsbesuch ist viel mehr als nur eine Formalität. Er ist eine echte Chance für Sie und Ihre Angehörigen:
Sicherung der Pflegequalität: Die Pflegefachkraft schaut sich die aktuelle Pflegesituation genau an. Gibt es vielleicht Risiken wie Druckstellen oder Mangelernährung? Die Beraterin gibt Ihnen wertvolle Tipps, wie Sie die Pflege optimieren können, damit Ihr Angehöriger bestmöglich versorgt ist.
Entlastung für pflegende Angehörige: Pflege kann anstrengend sein und Sie schnell an Ihre Grenzen bringen. Der Beratungsbesuch ist die perfekte Gelegenheit, über Ihre Belastungen zu sprechen. Die Fachkraft informiert Sie über Entlastungsangebote wie die Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege oder Tagespflege, die Ihnen dringend benötigte Pausen ermöglichen. Außerdem erfahren Sie alles über passende Pflegekurse und Schulungen, die Ihr Wissen erweitern und Ihnen mehr Sicherheit im Pflegealltag geben.
Anpassung und Information zu Leistungen: Die Pflegesituation kann sich schnell ändern. Die Beraterin hilft Ihnen dabei, den aktuellen Pflegebedarf einzuschätzen und gibt Empfehlungen, ob eine Höherstufung des Pflegegrades sinnvoll ist. Sie erhalten auch Informationen zu weiteren Leistungen, zum Beispiel zu Hilfsmitteln (wie Rollatoren oder Pflegebetten) oder zur Wohnraumanpassung, die das Leben im eigenen Zuhause erheblich erleichtern können.
Eine gesetzliche Notwendigkeit: Der Beratungsbesuch ist wichtig, weil er gesetzlich vorgeschrieben ist. Wenn Sie diesen Besuch nicht wahrnehmen, kann das dazu führen, dass Ihr Pflegegeld gekürzt oder sogar ganz eingestellt wird. Achten Sie deshalb darauf, die Termine einzuhalten!
Wer führt den Beratungsbesuch durch?
Der Beratungsbesuch nach § 37.3 SGB XI wird von qualifizierten Pflegefachkräften durchgeführt. Sie haben dabei die Wahl, wer diesen Besuch durchführt:
Ambulante Pflegedienste: Viele zugelassene Pflegedienste bieten diesen Service an. Sie können den Pflegedienst auswählen, dem Sie vertrauen.
Beratungsstellen: Auch einige spezialisierte Pflegeberatungsstellen oder Pflegestützpunkte sind berechtigt, diese Besuche durchzuführen.
Ganz wichtig: Die Pflegefachkraft berät Sie unabhängig und neutral. Die Kosten für diese Beratung werden direkt von Ihrer Pflegekasse übernommen, es entstehen Ihnen also keine zusätzlichen Kosten.
Pflegeberatung nach § 45 SGB XI – Umfassende Unterstützung Pflegeberatung nach § 45 SGB XI – Umfassende Unterstützung
Im Gegensatz zur Pflegeberatung nach § 37.3 SGB XI gibt es ein weiteres, sehr umfassendes und freiwilliges Beratungsangebot: die Pflegeberatung nach § 45 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI). Diese Beratung ist für jeden gedacht, der sich mit dem Thema Pflege beschäftigt – egal, ob Sie bereits einen Pflegegrad haben, Pflegegeld beziehen oder sich einfach vorsorglich informieren möchten.
Das Ziel dieser Beratung ist es, Sie ganzheitlich und persönlich dabei zu unterstützen, Ihren Pflegealltag zu organisieren und zu meistern. Es geht darum, Ihre individuelle Situation zu erfassen, Ihnen alle wichtigen Informationen zu geben und gemeinsam einen passenden Versorgungsplan zu entwickeln.
Wann und wofür benötige ich eine Pflegeberatung nach § 45 SGB XI?
Diese umfassende Beratung ist in vielen Situationen hilfreich und kann maßgeschneiderte Unterstützung bieten:
Wenn Sie sich frühzeitig informieren möchten: Sie machen sich Gedanken, wie Sie für den Fall einer Pflegebedürftigkeit vorsorgen können? Hier geht es um wichtige Themen wie Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen oder wie Sie Ihr Zuhause altersgerecht gestalten können.
Wenn plötzlich ein Pflegefall eintritt: Wenn ein geliebter Mensch unerwartet pflegebedürftig wird, tauchen unzählige Fragen auf. Die Beratung hilft Ihnen bei der Beantragung eines Pflegegrades, bei der Suche nach einem passenden Pflegedienst, bei der Organisation von Hilfsmitteln oder bei der Klärung von finanziellen Leistungen.
Wenn sich die Pflegesituation ändert: Der Gesundheitszustand kann sich verschlechtern, die Belastung für Sie als Pflegenden steigt oder die aktuelle Versorgung passt einfach nicht mehr. Die Beratung unterstützt Sie dann zum Beispiel bei einer möglichen Höherstufung des Pflegegrades, bei der Suche nach einer neuen Wohnform oder wenn Sie spezielle Hilfsmittel benötigen.
Wenn Sie sich überfordert fühlen: Pflege kann psychisch und physisch sehr fordernd sein. Wenn Sie merken, dass Sie an Ihre Grenzen stoßen, bietet die Beratung einen sicheren Raum, um über Ihre Sorgen und Ängste zu sprechen. Gemeinsam werden Wege gefunden, wie Sie sich entlasten können – sei es durch professionelle Hilfe, Selbsthilfegruppen oder psychologische Unterstützung.
Bei spezifischen Fragen: Ob es um die Suche nach einer passenden Kurzzeitpflege, die Kosten einer Tagespflege oder die Möglichkeiten einer ambulanten Wohngruppe geht – die Pflegeberatung hat die Antworten.
Wer führt die Pflegeberatung nach § 45 SGB XI durch?
Auch bei dieser umfassenden Beratung gibt es verschiedene Anlaufstellen, die Ihnen helfen können:
- Ihre Pflegekasse: Ihre zuständige Pflegekasse ist immer ein guter erster Ansprechpartner. Sie hat den gesetzlichen Auftrag, Sie umfassend zu beraten.
- Pflegestützpunkte: Diese sind oft eine gemeinsame Einrichtung von Kranken- und Pflegekassen, Kommunen und Ländern. Hier erhalten Sie eine zentrale, unabhängige und umfassende Beratung zu allen Fragen rund um die Pflege.
- Unabhängige Pflegeberater (gemäß § 7a SGB XI): Das sind qualifizierte Fachkräfte, die oft von den Pflegekassen beauftragt werden oder freiberuflich arbeiten. Sie sind darauf spezialisiert, Sie umfassend zu beraten und Sie bei der Koordination Ihrer Pflege zu unterstützen (Fallmanagement).
- Wohlfahrtsverbände und Kommunen: Viele gemeinnützige Wohlfahrtsverbände (wie Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt, Rotes Kreuz) sowie kommunale Ämter bieten ebenfalls qualifizierte Pflegeberatung an.
Inhalte der Pflegeberatung nach § 45 SGB XI
Bedarfseinschätzung: Eine genaue Analyse Ihrer persönlichen Lebenssituation und des tatsächlichen Hilfebedarfs.
Leistungsinformationen: Umfassende Erklärung aller Leistungen der Pflegeversicherung (z.B. Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege, Tagespflege, Entlastungsleistungen, Hilfsmittelversorgung) und wie Sie diese beantragen.
Versorgungsplanung: Gemeinsam wird ein individueller Versorgungsplan erstellt, der alle benötigten Hilfen und Dienste koordiniert.
Regionale Angebote: Informationen zu ambulanten Pflegediensten, stationären Einrichtungen, Hospizen, aber auch zu Selbsthilfegruppen und ehrenamtlichen Diensten in Ihrer Nähe.
Unterstützung bei Anträgen: Hilfe beim Ausfüllen von Formularen und Anträgen, auf Wunsch auch Begleitung bei Begutachtungen des Medizinischen Dienstes (MD).
Entlastung für Pflegende: Beratung zu spezifischen Entlastungsangeboten, passenden Pflegekursen, Schulungen und psychologischer Unterstützung für pflegende Angehörige.
Koordinierung (Fallmanagement): Bei komplexeren Pflegesituationen kann der Pflegeberater die Koordination verschiedener Leistungserbringer übernehmen und den Versorgungsplan laufend anpassen.
Diese Beratung ist sehr flexibel: Sie kann telefonisch, persönlich in einer Beratungsstelle oder auch bei Ihnen zu Hause stattfinden. Die Kosten werden ebenfalls vollständig von der Pflegekasse übernommen.
Zertifizierte Pflegeberater Zertifizierte Pflegeberater
Jedoch gibt es eine Zertifizierung nach Empfehlung des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Diese Weiterbildung umfasst 400 Unterrichtsstunden zu Pflegefachwissen, Case Management und Rechtsfragen. Ein zertifizierter Pflegeberater ist in der Lage, eine umfassende Fall-Beratung durchzuführen. Zu einer guten Pflegeberatung gehört aber auch die Unabhängigkeit der Berater. Berater, die an eine begrenzte Zahl von Dienstleistern gebunden sind, können nicht umfassend und fallbezogen beraten. Eine gute Pflegeberatung sollte sich mit dem Betroffenen, den Lebensumständen und dem Krankheitsbild vertraut machen, um eine optimale Lösung zu finden.
Vorteile einer Pflegeberatung
Pflegeberatung dient dem gleichberechtigten und besseren Zugang zu Sozialleistungen und sorgt für eine bedarfsgerechte Unterstützung der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen.
Beratung in Pflegestützpunkten Beratung in Pflegestützpunkten
Pflegestützpunkte werden seit dem Pflegereformgesetz 2008 in fast allen Bundesländern aufgebaut. Die Stützpunkte sollen erste Anlaufstelle für Pflegebedürftige und Angehörige sein. Bundesweit gibt es 600 Pflegestützpunkte. Nur Sachsen-Anhalt und Sachsen bieten keine Pflegestützpunkte, sondern setzen auf eine „vernetzte Pflegeberatung“. Die Beratung findet dort bei Pflegekassen und Kommunen statt. Die Beratung an einem Pflegestützpunkt ist der privaten Beratung vorzuziehen.
Beratung auf Online-Portalen Beratung auf Online-Portalen
Auch im Internet gibt es eine Vielzahl an Portale, die auf Ihren Seiten eine telefonische Pflegeberatung anbieten. Zum Teil stehen dahinter kommerzielle Anbieter, die versuchen die Pflegebedürftigen an Pflegeeinrichtungen weiterzuvermitteln. Dabei werden die Bedürftigen nur an Heime vermittelt, die einen Vertrag mit dem jeweiligen Anbieter abgeschlossen haben. Die Vermittlung ist für die Pflegebedürftigen kostenlos. Die Einrichtungen zahlen dafür aber eine hohe Vermittlungsgebühr – Geld was bei der Pflege fehlt. Auch wenn verschiedene Siegel auf den Online-Portalen Vertrauen vermitteln, ist die telefonische Pflegeberatung nicht unabhängig. Eine persönliche Beratung durch einen zertifizierten Berater ist immer einer telefonischen Beratung vorzuziehen, vor allem wenn nicht erkenntlich ist, wer hinter dem Angebot steckt.
Checkliste Pflege-Beratung Checkliste Pflege-Beratung
Es gibt eine Vielzahl an Angeboten an Pflege-Beratern in Deutschland. Eine gute Pflegeberatung sollte fallorientiert und unabhängig sein:
- Wohin:
Wenden Sie sich entweder an einen Pflegestützpunkt oder eine Beratungsstelle ihrer Kommune. Achten Sie bei privaten Beratern oder Pflegediensten, ob diese eine Zertifizierung zum Pflegeberater haben. - Unabhängigkeit:
Achten Sie darauf, ob die Berater Sie unabhängig beraten und nicht nur an einen Anbieter vermitteln wollen. Beratungs-Angebote im Internet, die nicht zu einer Krankenkasse oder öffentlichen Stelle gehören, sind nicht unabhängig. - Vorbereitung:
Überlegen Sie sich vor der ersten Kontaktaufnahme Ihre Fragen. Machen Sie sich am besten eine Liste mit Punkten, die Sie klären wollen. - Kontakt:
Die Beratung sollte bei komplexen Fällen am besten in der Wohnung des Pflegebedürftigen erfolgen. Bei einfachen Fragen kann auch eine telefonische Beratung oder ein Termin im Pflegestützpunkt helfen. - Gespräch:
Der Berater sollte Sie ausführlich über die unterschiedlichen Leistungen der Pflegeversicherung aufklären. Des weiteren sollten verschieden Lösungen für Ihre Pflegefall aufgezeigt werden und dazu passende Anbieter und Einrichtungen. - Unterlagen:
Bringen Sie alle Unterlagen wie Pflegetagebuch oder medizinische Befunde zum Beratungsgespräch mit.

Pflegeexperte Florian Seybecke
Fachliche Expertise
Schulungsbeauftragter und Dozent
Fachkoordinator für neurologische Langzeitrehabilitation
Pflegedienstleitung und Schulungsbeauftragter
Fachkraft in der außerklinischen Intensivpflege
Ausbildung zum examinierten Altenpfleger