Pflegegrad richtig beantragen

Kündigt sich ein Pflegefall an, sollte der Antrag auf einen Pflegegrad zeitnah gestellt werden. Denn ein Pflegegrad ist die Voraussetzung für die Leistungen der Pflegekasse zur Finanzierung der Pflege.

Wie und wo wird dieser Antrag aber gestellt? Muss er eine besondere Form haben? Was passiert nach dem Antrag?

Wohnen-im-Alter hat die wichtigsten Informationen zur Stellung des Antrags auf einen Pflegegrad im folgenden Ratgeber zusammengetragen.

Wann zahlt die Pflegeversicherung? Wann zahlt die Pflegeversicherung?

Die Pflegeversicherung ist seit 1995 als Grundabsicherung im Gesetz verankert. Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung hat, wer mindestens zwei Jahre der letzten zehn Jahre in der Pflegekasse versichert ist oder war.

Bei pflegebedürftigen Kindern gilt die Bedingung als erfüllt, wenn mindestens ein Elternteil entsprechend in die Pflegekasse eingezahlt hat.

Pflegeleistungen werden ab dem Monat der Beantragung gezahlt, nicht rückwirkend.

Alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse sind automatisch auch in der Pflegekasse versichert. Privat Versicherte müssen eine private Pflegeversicherung abschließen.

Eine weitere Voraussetzung für Anspruch für Leistungen aus der Pflegeversicherung ist, dass eine Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes vorliegt. Diese wird in Pflegegraden gemessen.

Die Höhe der Leistungen der Pflegekasse hängen von dem Pflegegrad des Pflegebedürftigen sowie der gewählten Versorgungsform ab.

Stand 09/24

Pflegesachleistungen (ambulante Pflege)Pflegesachleistungen (stationäre Pflege)Pflegegeld
Pflegegrad 1 0,- € 0,- € 0,- €
Pflegegrad 2 761,- € 770,- € 332,- €
Pflegegrad 3 1.432,- € 1.262,- € 573,- €
Pflegegrad 4 1.778,- € 1.775,- € 765,- €
Pflegegrad 5 2.200,- € 2.005,- € 947,- €

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff

Seit dem 01.01.2017 gilt ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff. Dieser stellt eine Erweiterung des alten Pflegebedürftigkeitsbegriffes dar, welcher sich bisher lediglich auf körperliche Einschränkungen bezog.

Im neuen Begriff werden nun drei zentrale Bestandteile der Pflegebedürftigkeit mit einbezogen:

  • körperlich Einschränkungen
  • kognitive Einschränkungen
  • seelische Einschränkungen

Ausgehend davon bezeichnet §14 Sozialgesetzbuch (SGB) XI diejenigen Personen als pflegebedürftig, die durch gesundheitlich bedingte Einschränkungen in ihrer Selbstständigkeit oder ihren Fähigkeiten beeinträchtigt werden und daher auf Hilfe anderer angewiesen sind.

Es gilt zudem die Voraussetzung, dass der Zustand mindestens 6 Monate anhält, voraussichtlich aber auf Dauer mit einer in §15 SGB XI festgelegten Schwere in Form eines Pflegegrades besteht.

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§ 14 SGB XI Begriff der Pflegebedürftigkeit

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen. Quelle: Sozialgesetzbuch-sgb.de

Pflegegrad beantragen Pflegegrad beantragen

Ist ein Pflegefall erkennbar, sollte schnellstmöglich der sogenannte Antrag auf einen Pflegegrad gestellt werden. Nur so können finanzielle Hilfen zur Pflege in Anspruch genommen werden. Wie aber wird der Pflegegrad beantragt? Wohnen-im-Alter erklärt das Vorgehen in den folgenden Schritten.

pflegegrad richtig beantragen
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Schritt 1: Einschränkungen feststellen

Der erste Schritt fängt bereits damit an, Einschränkungen bei Angehörigen oder Bekannten festzustellen. Häufig werden beispielsweise die ersten Anzeichen für Demenz oder eine zunehmende Gebrechlichkeit als nicht weiter beachtenswert abgetan.

Werden diese Auffälligkeiten allerdings bemerkt und ernst genommen, kann den Pflegebedürftigen die Hilfe zukommen, die sie benötigen.

Schritt 2: Pflegeantrag bei der Krankenkasse einreichen

Um einen Pflegegrad zu beantragen, ist es notwendig, einen formlosen Antrag auf einen Pflegegrad bei der zuständigen Pflegekasse, die an der entsprechenden Krankenkasse des Pflegebedürftigen angeschlossen ist, zu stellen.

Der Antrag kann, telefonisch, per Mail, Fax oder Brief gestellt werden. Besser ist es allerdings, den Antrag schriftlich zu stellen, so besteht ein Nachweis, dass der Antrag gestellt wurde. Der Antrag sollte vom Betroffenen „möglichst“ selbst gestellt werden, wenn das nicht möglich ist vom Bevollmächtigten/ Betreuer.

Der Antrag sollte den Namen des Pflegebedürftigen, die Ursache der Pflegebedürftigkeit und die Bitte um eine zeitnahe Begutachtung beinhalten. Dies kann in einem formlosen Antrag in Briefform formuliert werden.

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Muster "Formloser Brief"

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte ich für meinen Vater Max Mustermann einen Pflegegrad beantragen. Max Mustermann ist aufgrund von Demenz kognitiv stark beeinträchtigt und damit pflegebedürftig.

Wir bitten um eine zeitnahe Begutachtung.

Mit freundlichen Grüßen

Max Mustermann

Schritt 3: Formular ausfüllen

Nachdem der Antrag bei der Pflegekasse eingereicht wurde, erhält der Antragsteller ein Formular. Dieses Formular sollte ohne dabei allzu genau ins Detail zu gehen ausgefüllt und an die Krankenkasse zurückgesendet werden.

Schritt 4: Besuch des MD

Ist der Antrag von der Krankenkasse bearbeitet worden, folgt zeitnah der Besuch des Medizinischen Dienstes (MD). bzw. des MEDICPROOFS (für privat Versicherte). Ziel dieses Besuchs ist die Begutachtung des Pflegebedürftigen, um den Pflegegrad festzulegen.

MEDICPROOF/MD kündigen ihren Besuch schriftlich mit Datum und Uhrzeit an

Dabei ist es hilfreich, möglichst genau die Einschränkungen des Pflegebedürftigen zu beschreiben und den Pflegealltag zu schildern. Hierbei kann ein sorgfältig geführtes Pflegetagebuch hilfreich sein und auch dem MD als Grundlage zur Einstufung des Pflegebedürftigen in einen Pflegegrad dienen.

Für eine gute Vorbereitung können Pflegeberatungsstellen kostenlos Tipps für den Tag der Begutachtung geben.

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Tipp

Eine gute Vorbereitung auf den Besuch des MD lohnt sich, da es um viel Geld gehen kann!

Im Anschluss an den Besuch des MD ordnet dieser auf Basis der Begutachtung und der Informationen bezüglich der Schwere der Pflegebedürftigkeit und der Intensität des Pflegealltags den Pflegebedürftigen einem Pflegegrad zu.

Nach dem Besuch des MDs Nach dem Besuch des MDs

Schritt 5: Gutachter beurteilt den Pflegegrad

Im Anschluss an den Besuch des MD ordnet dieser auf Basis der Begutachtung und der Informationen bezüglich der Schwere der Pflegebedürftigkeit und der Intensität des Pflegealltags den Pflegebedürftigen einem Pflegegrad zu.

Schritt 6: Mitteilung der Entscheidung

Die Mitteilung der Entscheidung der Pflegekasse über den Pflegegrad des pflegebedürftigen Seniors erfolgt auf schriftlichem Weg.

Immer wieder kann es dabei auch dazu kommen, dass der Pflegebedürftige in einen zu niedrigen Pflegegrad eingestuft oder gar nicht einem Pflegegrad zugeordnet wurde. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen und das Gutachten des MD anzufordern.

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Tipp

Wurde der Pflegegrad abgelehnt oder zu niedrig eingestuft, lohnt es sich, Widerspruch einzulegen! Letztlich kann es um viel Geld gehen.

Bei der Stellung des Pflegegradantrages geht es um viel Geld. Daher sollte er zeitnah nach Eintreten eines Pflegefalls gestellt werden.

Ist der Pflegebedürftige einem Pflegegrad zugeordnet, so hat er Anspruch auf die Leistungen der Pflegekasse, die abhängig von der Versorgungsform mit dem Pflegegeld oder den Pflegesachleistungen ausgezahlt werden. Auf diese Weise erhalten die Angehörigen des Pflegebedürftigen eine Unterstützung bei der Finanzierung der oft sehr teuren Pflege.

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Zum Thema Pflegegrade

Pflegeexperte Florian Seybecke

Pflegeexperte Florian Seybecke

Fachliche Expertise

  • Schulungsbeauftragter und Dozent

  • Fachkoordinator für neurologische Langzeitrehabilitation

  • Pflegedienstleitung und Schulungsbeauftragter

  • Fachkraft in der außerklinischen Intensivpflege

  • Ausbildung zum examinierten Altenpfleger

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