Familienpflegezeit und Pflegezeit

Was ist Familienpflegezeit? Was ist Familienpflegezeit?

Laut des Statistischen Bundesamt (2020), leben in Deutschland derzeit rund 3,4 Millionen pflegebedürftige Menschen, von denen ein Großteil von Angehörigen zuhause gepflegt wird. Im Fall von plötzlicher Pflegebedürftigkeit stehen die Angehörigen des pflegebedürftigen Menschen oft vor einer großen Herausforderung.

Seit dem 01. Januar 2015 gibt es das neue Gesetz zur Familienpflegezeit, das Arbeitnehmern die Pflege von Angehörigen erleichtern soll. Das ursprüngliche Familienpflegezeitgesetz trat bereits 2012 in Kraft, wurde aber nur selten in Anspruch genommen. Die meisten Berufstätigen pflegenden Angehörigen brauchen vor allem mehr zeitliche Flexibilität, um die Herausforderungen der Pflege- und Betreuungssituation bewerkstelligen zu können.

Die drei Säulen des Gesetzes Die drei Säulen des Gesetzes

Das in Kraft getretene Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf schafft vor allem individuelle Rahmenbedingungen für die unterschiedlichsten Pflegesituationen. Nahen Angehörigen kann so in jeder individuellen Situation geholfen werden.

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Die drei Säulen des Gesetzes

  • Pflegeunterstützungsgeld= Im akuten Pflegefall und bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung von bis zu 10 Arbeitstagen

  • Pflegezeit= Längere Zeit aus dem Job aussteigen, wie zum Beispiel bei Freistellung bis zu sechs Monaten.

  • Familienpflegezeit= Wenn sechs Monate nicht ausreichen wie zum Beispiel bei Freistellung bis 24 Monaten.

Pflegeunterstützungsgeld Pflegeunterstützungsgeld

Nahe Angehörige der pflegebedürftigen Person haben die Möglichkeit bis zu zehn Werktage von der Arbeit fernzubleiben, um den Anforderungen einer akuten Pflegesituation gerecht zu werden. Ihnen wird so die Möglichkeit gegeben, eine bedarfs- und bedürfnisgerechte Pflege zu organisieren oder die pflegerische Versorgung selbst sicherzustellen.

Arbeitnehmer sind dazu verpflichtet dem Arbeitgeber den Grund der Verhinderung und deren voraussichtliche Dauer umgehend mitzuteilen. Dies kann mündlich wie auch schriftlich erfolgen. Bei dieser Form der Arbeitsverhinderung muss noch kein Pflegegrad bei der pflegebedürftigen Person festgestellt worden sein, jedoch muss eine Pflegebedürftigkeit vorliegen, die mindestens dem Pflegegrad 1 entspricht.

Die Regelungen des Pflegeunterstützungsgeldes gelten bei allen Arbeitgebern unabhängig der Unternehmensgröße. Lohnersatzleistungen aufgrund einer Freistellung können über das Pflegeunterstützungsgeld beantragt werden.

Pflegezeit Pflegezeit

Weitaus umfangreicher gestaltet sich die „Pflegezeit“. Die Pflegezeit ermöglicht Arbeitnehmern sich bis zu sechs Monate, teilweise oder vollständig, von der Arbeit freistellen zu lassen, wenn eine pflegebedürftiger Angehöriger in der häuslichen Umgebung gepflegt wird. Die Pflegezeit kann für nahe pflegebedürftige Angehörige mit mindestens Pflegegrad 1 in Anspruch genommen werden.

Bei pflegebedürftigen minderjährigen Personen besteht die Möglichkeit einer Freistellung ohne, dass die Pflege zu Hause erfolgen muss. Hierfür muss ebenfalls mindestens ein Pflegerad 1 vorliegen.

Bei pflegebedürftigen Personen in der letzten Lebensphase haben nahe Angehörige einen Anspruch bis zu drei Monate von der Arbeit fernzubleiben. Die gilt auch, wenn der nahe Angehörige in einem Hospiz lebt. Für die Ausfallzeit besteht ein Anspruch auf ein zinsloses Darlehen. Dies kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Das zinslose Darlehen mindert in dem Fall den Einkommensverlust und wird in monatlichen Raten ausgezahlt. Es muss nach dem Ende der Pflegezeit wieder in Raten an das BAFzA zurückgezahlt werden. Bei besonderer Härte kann die Fälligkeit der Rückzahlung hinausgeschoben werden. Es besteht außerdem die Möglichkeit eines Teilerlasses oder Erlöschens der Darlehensschuld. Im Fall der Pflegezeit, besteht bei Arbeitgeber die weniger als 15 Beschäftigte haben, kein Rechtsanspruch.

Familienpflegezeit Familienpflegezeit

Die Familienpflegezeit kommt infrage, wenn sechs Monate Pflegezeit für die Versorgung von nahen Angehörigen nicht ausreichen. Hierbei besteht die Möglichkeit, sich bis zu 24 Monate ganz oder teilweise von der Arbeit freistellen zu lassen, wenn der nahe Angehörige in der häuslichen Umgebung gepflegt wird.

Um zu vermeiden, dass pflegende nahe Angehörige ihre berufliche Tätigkeit ganz aufgeben, muss mindestens eine wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden vorliegen, um einen Anspruch auf Familienpflegezeit zu haben. Mit dem „Blockmodell“ haben Beschäftigte die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit flexibel aufzuteilen.

Die 15 Stunden Mindestarbeitszeit werden im Jahresdurchschnitt errechnet, so können die Bedürfnisse an die individuelle Pflegesituation angepasst werden. Für die Inanspruchnahme der Familienpflegezeit muss mindestens der Pflegegrad 1 beim Pflegebedürftigen vorliegen. Im Fall der Familienpflegezeit besteht kein Rechtsanspruch an Arbeitgeber mit 25 oder weniger Beschäftigten.

Rechtsansprüche Rechtsansprüche

Nach Meldung der Freistellung nach dem Pflege- und Familienpflegezeitgesetz beim Arbeitgeber besteht ein vollständiger Kündigungsschutz. Dieser Schutz gilt allerdings frühestens zwölf Wochen vor Ankündigung der Ausfallzeit und endet mit dem Ende der Ausfallzeit. Rechtsansprüche sind abhängig von der Unternehmensgröße.

Rechtsansprüche haben „nahe“ angehörige Personen. Dazu zählen:

  • Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern

  • Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft

  • Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner

  • Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder

Fristen Fristen

Die Fristen für die Ankündigung von Pflege- und Familienpflegzeit richten sich nach Art und Dauer der Auszeit.

Bei der Pflegezeit:

  • Bei einer Freistellung von bis zu 6 Monaten, muss die Ankündigung spätestens 10 Arbeitstage vorher erfolgen.
  • Die Ankündigung beim Übergang aus der Familienpflegezeit in die Pflegezeit, muss spätestens 8 Wochen vor Beginn erfolgen.

Bei der Familienpflegezeit:

  • Bei einer Freistellung von bis zu 24 Monaten, beträgt die Ankündigungsfrist 8 Wochen.
  • Die Ankündigung beim Übergang aus der Pflegezeit in die Familienpflegezeit, muss spätestens 3 Monate vor Beginn erfolgen.

Fazit Fazit

Durch das Gesetz zur Familienpflegezeit wurde ein Fundament geschaffen, um die meist schwere Zeit der Pflege im eigenen Familienkreise zu unterstützen. Pflegende Angehörige werden so gestärkt und können besser auf die individuelle Pflege- und Betreuungssituation der Angehörigen reagieren.

Weiterführende Informationen

Pflegeexperte Florian Seybecke

Pflegeexperte Florian Seybecke

Fachliche Expertise

  • Schulungsbeauftragter und Dozent

  • Fachkoordinator für neurologische Langzeitrehabilitation

  • Pflegedienstleitung und Schulungsbeauftragter

  • Fachkraft in der außerklinischen Intensivpflege

  • Ausbildung zum examinierten Altenpfleger

Xing-Profil

Pflegeexperte bei Wohnen im Alter

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