Pflegegrad 1: Definition, Voraussetzungen und Leistungen
Im Vergleich zu den alten Pflegestufen ist es durch die Umstellung auf die Pflegegrade einfacher geworden Leistungen aus der Pflegeversicherung zu erhalten. Die Einstufung in einen Pflegegrad geschieht schon bei einer geringen Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
Personen, die eine sogenannte "geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit" aufweisen, wurden im alten Pflegestufen-System bis 2016 nicht berücksichtigt. Seit 2017 erhalten Personen mit geringer Beeinträchtigung nach Überprüfung den Pflegegrad 1.
Definition und Voraussetzungen Definition und Voraussetzungen
Was sind die Voraussetzungen für den Pflegegrad 1 und wem steht der Pflegegrad 1 zu?
Mit dem Pflegestärkungsgesetz II (PSG II) ist es nun einfacher eine Pflegebedürftigkeit festzustellen.
Pflegegrad 1 erhalten alle Menschen, bei denen durch einen Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) bzw. Medizinischen Dienstes der Privaten (Medicproof) eine "geringfügige Beeinträchtigung der Selbständigkeit" festgestellt wurde. Dies wird bereits durch leichte Einschränkungen im Alltag erreicht. Die "geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit" wird attestiert, sofern man im neuen Begutachtungsassessment mindestens 12,5 bis maximal 26 Punkte erreicht.
Menschen mit diesen geringen Einschränkungen wurden im System der Pflegestufen bis 2016 nicht berücksichtigt. Sie erhielten keine Leistungen der Pflegeversicherung und profitieren nun von dieser Pflegereform.
Pflegebedürftige, die zuvor die Pflegestufe 0 hatten, wurden 2017 direkt in den Pflegegrad 2 eingestuft.
Pflegeleistungen im Pflegegrad 1 Pflegeleistungen im Pflegegrad 1
Die Leistungen, die man für den Pflegegrad 1 erhält, sollen einen möglichst frühzeitigen Erhalt und zugleich die Förderung der Gesundheit des Pflegebedürftigen abzielen.
Welche Leistungen der Pflegekasse erhält man bei Pflegegrad 1?
Leistung | Anspruch |
---|---|
Pflegegeld | nein |
Ambulante Pflegesachleistungen | nein |
Entlastungsbetrag | 131 €/mtl. |
Kurzzeitpflege | nein |
Verhinderungspflege | nein |
Tages- und Nachtpflege | nein |
Zuschuss für Wohnraumanpassung | einmalig bis zu 4.180 € |
Wohngruppenzuschuss | 224 €/mtl. |
Hausnotruf | 25,50 €/mtl. |
Pflegehilfsmittel | 42 €/mtl. |
Pflegekurse für Angehörige | ja |
Beratung | ja |
stationäre Pflegesachleistungen | nein |
Stationäre Pflegesachleistungen
Personen mit Pflegegrad 1, die gerne in einer vollstationären Einrichtung, wie einem Pflegeheim, unterkommen möchten, müssen fast alle Kosten hierfür selbst tragen. Neben Eigenbeiträge für Unterkunft, Verpflegung und anteiligen Investitionskosten müssen auch die Kosten für die stationäre Pflege bezahlt werden. Der monatlichen Entlastungsbetrag von 131 € kann dafür benutzt werden.
Pflegegeld und ambulante Pflegesachleistungen
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 haben weder Anspruch auf Pflegegeld noch auf ambulante Pflegesachleistungen aus der Pflegeversicherung. In der Regel sind Menschen mit Pflegegrad 1 noch sehr selbstständig und können ihren Alltag weitestgehend ohne fremde Hilfe bewältigen. Aus diesem Grund erhalten Personen mit Pflegegrad 1 kein Pflegegeld für die Pflege durch Angehörige und keine Pflegesachleistungen für die Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst.
Entlastungsbetrag
Personen mit Pflegegrad 1 erhalten den Entlastungsbetrag von monatlich 131 €.
Den Entlastungsbetrag können Pflegbedürftige mit Pflegegrad 1 für die Finanzierung von stationärer Pflege, Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege sowie Tages- und Nachtpflege anrechnen lassen, da Personen mit Pflegegrad 1 keinen generellen Anspruch auf diese Leistungen der Pflegeversicherung haben.
Mit diesem zweckgebundenen Betrag können folgende qualitätssichernde Leistungen bezahlt werden:
- Betreuungsangebote
- Haushaltshilfe für z.B. Kochen, Reinigung, Gartenarbeit
- Alltagsbegleiter für z.B. Gespräche, Spaziergänge, Einkaufsbegleitung
- Angebote zur Entlastung von pflegenden Angehörigen
Entlastungsbetrag direkt mit Pflegekasse abrechnen
Nur bei der Pflegekasse gelistete Anbieter können den Entlastungsbetrag direkt mit der Kasse abrechnen. Der Betrag wird nicht an die Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen ausgezahlt.
Bei einer nicht vollständigen Ausschöpfung des Entlastungsbetrages pro Monat, bleibt die verbleibende Summe erhalten und verfällt nicht automatisch. Der angesammelte (nicht abgerechnete) Betrag eines Jahres kann rückwirkend bis zum 30.06. des Folgejahres bei den Kassen abgerechnet werden.
Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 erhalten keine Leistungen der Pflegeversicherung, wenn sie Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege in Anspruch nehmen möchten. Sie haben also keinen generellen Anspruch auf Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege, wenn sie zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt oder als Urlaubsvertretung kurzzeitig auf professionelle Pflege angewiesen sind.
Die Leistungen für Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege werden erst ab Pflegegrad 2 gewährt. Es kann jedoch der Entlastungsbetrag von 131 € monatlich für anerkannte Leistungen, die einer Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege ähneln, eingesetzt werden.
Tipp
Der Entlastungsbetrag von 131 € monatlich reicht bei stationärer Kurzzeitpflege, wie sie häufig nach einem Krankenhausaufenthalt stattfindet, meist nur ca. 1-2 Tage im Monat aus. Aus diesem Grund können Personen, welche nicht durch häusliche Pflege oder in einer Reha betreut werden, die sogenannte Überleitungspflege in Anspruch nehmen.
Diese regelt, dass die Krankenversicherung die Kosten für die Pflege nach dem Krankenhausaufenthalt übernimmt und zwar für maximal vier Wochen im Jahr. Eine direkte Vergleichbarkeit mit den Leistungen der Kurzzeitpflege in den höheren Pflegegraden besteht dabei nicht.
Tagespflege und Nachtpflege
Für die sogenannte teilstationäre Pflege der Tages- und Nachtpflege gibt es ebenfalls keinen Anspruch für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1. Es kann allerdings, wie bei der Kurzzeitpflege, der Entlastungsbetrag von 131 € angerechnet werden.
Sonstige Leistungen für die häusliche Pflege
Zuschuss für altersgerechte Wohnraumanpassungen
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 steht ein Zuschuss von 4.180 € zu, wenn sie ihren Wohnraum altersgerecht anpassen. Zu den barrierefreien Umbauten zählen zum Beispiel der Einbau eines Treppenlifts oder der barrierefreie Umbau des Badezimmers wie zum Beispiel durch den Einbau einer Dusche statt Badewanne.
Der Zuschuss wird einmalig für die Barrierefreiheit des Wohnraums gewährt und kann bei verändertem Bedarf, wie die Höherstufung in einen anderen Pflegegrad und damit verändertem Hilfebedarf, erneut beantragt werden.
Diesen Zuschuss erhalten auch jeweils alle Bewohner einer ambulant betreuten Wohngruppe, wenn höchstens vier Versicherte in der gleichen Wohnung leben. Das bedeutet, dass vier zusammenlebenden pflegebedürftigen Personen insgesamt 16.720 € für Wohnraumanpassungen zustehen. Außerdem erhält jeder von ihnen einen Einrichtungszuschuss von 2.500 € und den Wohngruppenzuschuss von 224 € monatlich für die Finanzierung einer Person, die die Bewohner bei verwaltenden, betreuenden oder hauswirtschaftlichen Tätigkeiten unterstützt. Es besteht außerdem der Anspruch einer Anschubfinanzierung zur Gründung einer ambulant betreuten Wohngruppe.
Zuschuss für (Pflege-)Hilfsmittel
Medizinische Hilfsmittel, wie beispielsweise Inkontinenzartikel oder eine Sehhilfe, werden per ärztlichem Rezept verschrieben. Für die Kostenübernahme eines Hilfsmittels ist die Krankenkasse zuständig.
Technische Pflegehilfsmittel, wie Pflegebetten, Lagerungshilfen und Rollatoren werden in der Regel von den Pflegekassen leihweise überlassen. Auch Notrufsysteme gehören zu den technischen Pflegehilfsmitteln und werden monatlich mit 25,50 € bezuschusst.
Nicht nur Geräte werden unter Pflegehilfsmittel geführt, sondern auch Sachmittel bzw. Verbrauchsprodukte, die für die häusliche Pflege notwendig sind oder diese erleichtern. Bei anerkanntem Pflegegrad werden Pflegehilfsmittel zum Verbrauch, wie Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe und Bettschutzeinlagen von den Pflegekassen mit 42 € monatlich gefördert.
Weitere medizinische Hilfsmittel sowie Pflegehilfsmittel sind im Hilfsmittelverzeichnis der Krankenversicherungen gelistet.
Kostenlose Pflegekurse und Beratung für Angehörige
Pflegende Angehörige können kostenlos Pflegekurse nach § 45 SGB XI in Anspruch nehmen, da die Pflegeversicherung ab Pflegegrad 1 die Gebühren hierfür übernimmt.
Zudem haben Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 1 Anspruch auf eine kostenlose Beratung zur barrierefreien Wohnraumanpassung oder zum Thema der pflegerischen Versorgung.

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Fazit Fazit
Personen, die seit 2017 den Pflegegrad 1 erhalten, haben von der großen Pflegereform profitiert. Sie können nun einige Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen. Dadurch werden Menschen begünstigt, die zwar hilfsbedürftig, aber noch weitestgehend selbstständig sind.
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Weiterführende Informationen Weiterführende Informationen
- Definition Pflegegrade & Pflegeleistungen
- Begutachtungsassessment (NBA): Ermittlung der Pflegegrade
- Pflegegrad beantragen - so geht's
- Widerspruch gegen den Pflegegrad einlegen

Pflegeexperte Florian Seybecke
Fachliche Expertise
Schulungsbeauftragter und Dozent
Fachkoordinator für neurologische Langzeitrehabilitation
Pflegedienstleitung und Schulungsbeauftragter
Fachkraft in der außerklinischen Intensivpflege
Ausbildung zum examinierten Altenpfleger