Pflegegrad 4: Definition, Voraussetzungen und Leistungen
2017 löste das Pflegestärkungsgesetz II die bisherigen drei Pflegestufen durch die fünf Pflegegrade ab
Personen, die in ihrer Selbstständigkeit schwerst beeinträchtigt sind, werden laut dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff in den Pflegegrad 4 eingeteilt.
Voraussetzung und Definition Voraussetzung und Definition
Was sind die Voraussetzungen für den Pflegegrad 4 und wem steht der Pflegegrad 4 zu?
Um den Pflegegrad 4 zu erhalten, muss nachweislich eine "schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit" vorliegen. Im neuen Begutachtungsassessment muss der pflegebedürftigen Person mindestens 70 bis höchstens 90 Punkte zugeteilt werden.
Seit 2017 erhalten neue Antragsteller nach Begutachtung durch den Medizinischen Dienstes (MD) bzw. Medizinischen Dienstes der Privaten (Medicproof) den Pflegegrad 4, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.
Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff von 2017 wurde der Fokus bei der Einschätzung von Pflegebedürftigkeit verschoben. Die Pflegestufe 4 wurde nicht automatisch in den Pflegegrad 4 umgewandelt. Die Ableitung einer bestehenden Pflegestufe in den neuen Pflegegrad 4 erfolgte wie folgt: Menschen der Pflegestufe 2 mit einer Demenzdiagnose sowie Menschen mit der Pflegestufe 3 erhielten automatisch den Pflegegrad 4.
Pflegeleistungen im Pflegegrad 4 Pflegeleistungen im Pflegegrad 4
Auf welche Leistungen der Pflegekasse hat man bei Pflegegrad 4 Anspruch?
Leistung | Anspruch |
---|---|
Pflegegeld | 800 €/mtl. |
ambulante Pflegesachleistung | 1.859 €/mtl. |
Entlastungsbeitrag | 131 €/mtl. |
Kurzzeitpflege | 1.854 € pro Kalenderjahr |
Verhinderungspflege | 1.685 € pro Kalenderjahr |
Tages- und Nachtpflege | 1.685 €/mtl. |
Zuschuss für Wohnraumanpassung | einmalig bis zu 4.180 € |
Wohngruppenzuschuss | 224 €/mtl. |
Hausnotruf | 25,50 €/mtl. |
Pflegehilfsmittel | 42 €/mtl. |
Pflegekurse für Angehörige | ja |
Beratung | ja |
Stationäre Pflege | 1.855 €/mtl. |
Pflegegeld und Pflegesachleistungen bei Pflegegrad 4
Mit dem Pflegegrad 4 erhalten Pflegebedürftige entweder Pflegegeld von monatlich 800 € bei häuslicher Pflege oder ambulante Pflegesachleistungen in Höhe von bis zu 1.859 € monatlich. Die Pflegesachleistungen rechnet der ambulante Dienst automatisch mit den Pflegekassen ab.
Die Kosten für Fahrten zur ambulanten Behandlung werden bei Pflegegrad 4 erstattet.
Pflegegeld und Pflegesachleistungen kombinieren
Pflegegeld und Pflegesachleistungen können auch kombiniert werden, wobei sich dann der Pflegegeldanteil um den Prozentsatz der ausgeschöpften Pflegesachleistung verringert.
Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 4
Unabhängig vom Ausmaß der Beeinträchtigung der Selbstständigkeit steht jedem Pflegebedürftigen der Entlastungsbetrag in Höhe von 131 € monatlich zur Verfügung. Mit diesem zweckgebundenen Betrag können folgende qualitätssichernde Leistungen bezahlt werden:
- Betreuungsangebote
- Haushaltshilfe für z.B. Reinigung, Kochen, Gartenarbeit
- Alltagsbegleiter für z.B. Spaziergänge, Einkaufsbegleitung, Gespräche
- Angebote zur Entlastung von pflegenden Angehörigen
Bei einer nicht vollständigen Ausschöpfung des Entlastungsbetrages pro Monat, bleibt die verbleibende Summe erhalten und verfällt nicht automatisch. Der angesammelte (nicht abgerechnete) Betrag eines Jahres kann rückwirkend bis zum 30.06. des Folgejahres bei den Kassen abgerechnet werden.
Hinweis
Nur bei der Pflegekasse gelistete Anbieter können den Entlastungsbetrag direkt mit der Kasse abrechnen. Der Betrag wird nicht an die Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen ausgezahlt.
Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege bei Pflegegrad 4
Im Pflegegrad 4 ist das flexible Entlastungsbudget ab dem 01. Juli 2025 eine entscheidende Unterstützung, um auch bei stark eingeschränkter Selbstständigkeit und besonderem Pflegebedarf bedarfsgerechte Versorgungsformen zu nutzen.
Das neue Entlastungsbudget
Zusammenlegung: Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege werden zu einem gemeinsamen Entlastungsbudget zusammengefasst.
Budgethöhe: Das Budget für den Pflegegrad 4 beträgt pauschal 3.539 € jährlich.
Gesamtdauer: Dieses Budget kann für insgesamt bis zu acht Wochen (56 Tage) im Jahr genutzt werden.
Wartezeit entfällt: Die bisherige Voraussetzung von sechs Monaten Vorpflegezeit für die Verhinderungspflege entfällt vollständig.
Tages- und Nachtpflege bei Pflegegrad 4
Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 4 erhalten für die teilstationäre Tages- und Nachtpflege monatlich 1.685 €. Seit 2015 werden die Leistungen für die Tages- und Nachtpflege nicht mehr angerechnet und können daher zusätzlich zu den ambulanten Pflegesachleistungen und dem Pflegegeld in Anspruch genommen werden.
Sonstige Leistungen für die häusliche Pflege mit Pflegegrad 4
Zusätzlich zu den bereits genannten Pflegeleistungen haben Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 4 Anspruch auf folgenden Leistungen:
Zuschuss für Wohnraumanpassung
Für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen erhalten Pflegebedürftige, die zu Hause gepflegt werden, von der Pflegekasse einen Zuschuss von bis zu 4.180 €.
Zu den barrierefreien Umbauten zählen zum Beispiel der Einbau eines Treppenlifts oder der barrierefreie Umbau des Badezimmers wie beispielsweise durch den Einbau einer Dusche statt Badewanne.
Der Zuschuss wird einmalig für die Barrierefreiheit des Wohnraums gewährt und kann bei verändertem Bedarf, wie die Höherstufung in einen anderen Pflegegrad und damit verändertem Hilfebedarf, erneut beantragt werden.
Diesen Zuschuss erhalten auch jeweils alle Bewohner einer ambulant betreuten Wohngruppe, wenn maximal vier Versicherte in der gleichen Wohnung leben. Außerdem erhält jeder von ihnen einen Einrichtungszuschuss von 2.613 € und den Wohngruppenzuschuss von 224 € monatlich für die Finanzierung einer Person, die die Bewohner bei verwaltenden, betreuenden oder hauswirtschaftlichen Tätigkeiten unterstützt.
Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel
Hilfsmittel, wie beispielsweise Inkontinenzartikel oder eine Sehhilfe, werden per ärztlichem Rezept verschrieben. Für die Kostenübernahme eines Hilfsmittels ist die Krankenkasse zuständig.
Technische Pflegehilfsmittel, wie Pflegebetten, Lagerungshilfen und Rollatoren werden in der Regel von den Pflegekassen leihweise überlassen. Auch Notrufsysteme gehören zu den technischen Pflegehilfsmitteln und werden monatlich mit 25,50 € bezuschusst.
Nicht nur Geräte werden unter Pflegehilfsmittel geführt, sondern auch Sachmittel bzw. Verbrauchsprodukte, die für die häusliche Pflege notwendig sind oder diese erleichtern. Bei anerkanntem Pflegegrad werden Pflegehilfsmittel zum Verbrauch, wie Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe und Bettschutzeinlagen von den Pflegekassen mit 42 € monatlich gefördert.
Weitere medizinische Hilfsmittel sowie Pflegehilfsmittel sind im Hilfsmittelverzeichnis der Krankenversicherungen gelistet.
Pflegekurse und Beratung
Pflegende Angehörige können kostenlos Pflegekurse nach § 45 SGB XI in Anspruch nehmen, da die Pflegeversicherung ab Pflegegrad 1 die Gebühren hierfür übernimmt. Zudem haben Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 4 Anspruch auf eine kostenlose Beratung zur barrierefreien Wohnraumanpassung oder zum Thema der pflegerischen Versorgung.

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Stationäre Pflegesachleistungen bei Pflegegrad 4
Für die stationäre Pflege in Pflegeheimen haben Pflegebedürftige einen Anspruch auf 1.855 €.
Seit der Einführung der Pflegegrade im Jahr 2017 zahlen alle Bewohner einer vollstationären Pflegeeinrichtung einen einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE) unabhängig des Pflegebedarfs. Der monatliche Eigenanteil steigt somit nicht mit dem Erreichen eines höheren Pflegegrades.
Seit 01.01.2022 zahlen die Pflegekassen zusätzlich zu den Pflegesachleistungen auch Leistungszuschläge in Abhängigkeit der Verweildauer in der stationären Einrichtung.
➔ Weitere Informationen zur Finanzierung der vollstationären Unterbringung.
Fazit Fazit
Durch die Pflegereform erhalten Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 4 höhere Pflegeleistungen im Vergleich zu den alten Pflegestufen. Auch pflegende Angehörige werden besser entlastet, da z. B. die teilstationäre Tages- und Nachtpflege nicht mehr angerechnet wird.
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Florian Seybecke
💼 BERUF
Schulungsbeauftragter und Dozent für
NAT. Expertenstandards
Notfallschulungen
allgemeine Krankheitslehre in der Pflege
Fachkoordinator neurologische Langzeitrehabilitation
ZBI Gruppe - Zentrum für Beatmung und Intensivpflege
Pflegedienstleitung und Schulungsbeauftragter
in der außerklinischen Intensivpflege
Intensiv24 GmbH, Wuppertal
Fachkraft in der außerklinischen Intensivpflege
Cura 24 GmbH, Hagen
Ausbildung zum examinierten Altenpfleger
🎓 STUDIUM
Bachelor of Science in Pflege
Schwerpunkt Care and Case Management
Evidence Based Nursing
Analyse
Forschung
Management
Weiterbildungen:
Case Manager (DGCC Zertifizeirt)
verantwortliche Pflegefachkraft
Pflegeexperten für Menschen im Wachkoma und MCS
Fachkraft für außerklinische Beatmung